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Der Alltag von Kindern mit Asperger

 
Alltag von Kindern mit Asperger

Der Alltag von Kindern mit Asperger ist mitunter herausfordernd und verlangt von den Eltern und Lehrkräften viel Einfühlungsvermögen, aber auch Motivation und klare Ansagen. Kinder mit Asperger zeichnen sich durch eine außergewöhnliche Wissbegierde und ein bemerkenswertes Erinnerungsvermögen aus. Sie können sich intensiv mit bestimmten Themen beschäftigen, dabei komplexe Zusammenhänge erfassen und Details speichern, die anderen entgehen. Allerdings haben sie große Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben wie das Anziehen oder Zähneputzen eigenständig zu bewältigen. Eltern und Lehrkräfte stehen dabei oft vor großen emotionalen Herausforderungen. Ist das Kind in einem Moment noch ausgeglichen und zufrieden, kann bereits eine kleine Veränderung – beispielsweise ein neues Paar Schuhe – großen Stress auslösen.

Warum fällt Asperger-Kindern der Alltag so schwer?

Der Alltag stellt für Kinder mit Asperger-Autismus eine besondere Herausforderung dar. Routinen bieten ihnen Sicherheit, und bereits kleinste Abweichungen können sie aus dem Konzept bringen. Doch weshalb ist das so? Warum fällt es ihnen so schwer, alltägliche Abläufe selbstständig umzusetzen?

Ein Grund liegt darin, dass alltägliche Aufgaben für Asperger-Kinder oft als langweilig empfunden werden. Sie beschäftigen sich lieber mit ihren Lieblingsthemen, als sich auf praktische Erledigungen zu konzentrieren. Zudem lassen sie sich leicht von Details ablenken und vergessen, was sie ursprünglich tun wollten. Wenn ein Kind beispielsweise angezogen werden soll, aber auf dem Boden Lego-Steine entdeckt, kann es sein, dass es mitten in der Aufgabe abbricht und ins Spiel vertieft wird.

Darüber hinaus kann eine unklare oder zu lange Anweisung dazu führen, dass das Kind blockiert. Es ist dann nicht mehr sicher, was genau von ihm erwartet wird, und reagiert mit Frustration oder Rückzug.

Exekutive Funktionen und ihre Rolle im Alltag

Ein wesentlicher Faktor sind die sogenannten exekutiven Funktionen. Diese kognitiven Prozesse sind für die Steuerung und Anpassung von Handlungen notwendig. Dazu gehören:

  • Das Setzen und Verfolgen von Zielen
  • Das Priorisieren von Aufgaben
  • Das Planen und Umsetzen der erforderlichen Schritte
  • Die Steuerung von Impulsen, um Ablenkungen zu vermeiden
  • Die Speicherung von Informationen im Arbeitsgedächtnis
  • Die flexible Anpassung an neue oder veränderte Bedingungen

Viele Asperger-Kinder wissen theoretisch, welche Schritte notwendig sind, um eine Aufgabe zu bewältigen. Doch sobald eine Ablenkung auftritt, verlieren sie den roten Faden. Wenn die Morgenroutine beispielsweise unterbrochen wird, weil die Anziehsachen an einem anderen Ort liegen als gewohnt, kann dies zu einem Stillstand führen.

Teils mangelnde Flexibilität im Denken

Viele Asperger-Kinder zeigen eine eingeschränkte Flexibilität im Denken. Sie tun sich schwer damit, alternative Lösungswege zu finden, wenn eine Situation nicht wie gewohnt abläuft. Wenn die Anziehsachen normalerweise auf dem Stuhl neben dem Bett liegen, sie sich jedoch plötzlich im Schrank befinden, kann dies zu Überforderung führen, selbst wenn das Kind weiß, wo sie sind. Diese mangelnde Anpassungsfähigkeit kann Frustration und Stress hervorrufen.

Die Bedeutung der zentralen Kohärenz

Ein weiteres neuropsychologisches Konzept, das eine Rolle spielt, ist die sogenannte zentrale Kohärenz. Diese beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, verschiedene Wahrnehmungen zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Menschen mit Autismus nehmen die Welt oft sehr detailorientiert wahr, was in manchen Situationen von Vorteil sein kann. Gleichzeitig fällt es ihnen jedoch schwer, Details in einen größeren Zusammenhang zu setzen.

Dies kann dazu führen, dass Asperger-Kinder Schwierigkeiten haben, Erfahrungen auf neue Situationen zu übertragen. Wenn eine ungewohnte Frühstücksschüssel auf dem Tisch steht, kann das die gesamte Routine durcheinanderbringen. Sie erkennen nicht, dass es sich lediglich um ein kleines Detail handelt, während der restliche Ablauf gleich bleibt. Ebenso können sie sich nur schwer von einer Handlung lösen, wenn sie in eine andere übergehen sollen.

Wichtige Tipps für den Alltag von Kindern mit Asperger

Wie können Eltern und Lehrkräfte Asperger-Kindern helfen, Alltagsroutinen eigenständig zu bewältigen? Hier einige Strategien, die sich bewährt haben:

1. Klare Abläufe etablieren

  • Feste Routinen schaffen Sicherheit und Orientierung.
  • Die Abläufe sollten so konstant wie möglich bleiben.
  • Visuelle Hilfen, wie Pläne oder Zeichnungen, können helfen.
  • Kleidung kann in der Reihenfolge ausgelegt werden, in der sie angezogen werden soll.

2. Rationale Erklärungen geben

Asperger-Kinder reagieren besonders gut auf sachliche und logische Erklärungen.

Beispiel: „Regelmäßiges und gründliches Zähneputzen ist wichtig, damit du keine Karies und Zahnschmerzen bekommst.“

Wiederholungen helfen dabei, Unsicherheiten zu minimieren.

3. Klare und kurze Anweisungen verwenden

  • Zu viele Worte oder lange Erklärungen können überfordern.
  • Klare, prägnante Anweisungen erleichtern das Verständnis.
  • Nach der Anweisung innerlich bis zehn zählen, bevor sie wiederholt wird.

4. Wertschätzung und Lob sind besonders wichtig

Fortschritte sollten bewusst wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Alltagsaufgaben, die für andere selbstverständlich sind, erfordern für Asperger-Kinder oft große Anstrengung. Lob und Ermutigung können das Selbstvertrauen stärken und zur Selbstständigkeit beitragen.

Eltern und Lehrkräfte sollten sich stets bewusst machen, dass Asperger-Kinder nicht absichtlich trotzig oder ungehorsam sind. Ihre besondere Wahrnehmung macht den Alltag für sie oft anstrengender. Mit Geduld, Verständnis und geeigneten Strategien können sie jedoch wichtige Alltagskompetenzen erlernen und mehr Selbstständigkeit gewinnen.

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