Dyskalkulie-Leitfaden für Eltern und Lehrkräfte

Je nach Alter des Kindes zeigen sich unterschiedliche Anzeichen für eine Dyskalkulie, weshalb ein Dyskalkulie-Leitfaden für Eltern und Lehrkräfte wichtig ist, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen. Gemeinsames Merkmal ist jedoch immer, dass grundlegende mathematische Konzepte nicht verstanden werden. Ein frühes Erkennen ist entscheidend, um das Kind gezielt zu unterstützen und Frustration sowie Versagensängste zu vermeiden.
Dyskalkulie-Symptome im Kindergarten
Bereits im Vorschulalter können erste Hinweise auf eine Rechenschwäche auftreten. Besonders auffällig sind:
- Schwierigkeiten, Mengenangaben wie „mehr“, „weniger“ oder „gleich viel“ zuzuordnen.
- Probleme beim Abzählen von Gegenständen.
- Fehlendes Verständnis für Zahlenfolgen und deren Bedeutung.
Kinder, die diese Herausforderungen zeigen, können eine Dyskalkulie entwickeln. Hier ist es wichtig, frühzeitig das Gespräch mit Pädagog*innen oder einer Fachkraft zu suchen.
Dyskalkulie-Symptome in der Grundschule
Mit dem Schuleintritt treten die Schwierigkeiten in Mathematik noch deutlicher hervor. Typische Anzeichen sind:
- Zahlen werden nicht korrekt benannt oder falsch geschrieben.
- Rechenaufgaben werden hauptsächlich durch Abzählen mit den Fingern gelöst.
- Gelerntes wird nur auswendig wiederholt, ohne die dahinterliegende Logik zu verstehen.
- Textaufgaben bereiten besondere Probleme, da die Übertragung von einem Text in eine mathematische Darstellung schwerfällt.
- Das Lesen der Uhr gelingt nicht oder nur mit großer Unsicherheit.
- Das Dezimalsystem wird nicht korrekt angewendet (zum Beispiel „360“ wird als „Dreiundsechzig“ gelesen).
Diese Anzeichen betreffen nicht nur den Mathematikunterricht in der Grundschule. In der weiterführenden Schule können sich diese Schwierigkeiten auch auf naturwissenschaftliche Fächer wie Physik, Chemie oder Geografie auswirken, da das Kind auch hier Zahlenverständnis benötigt und anwenden muss.
Wer diagnostiziert Dyskalkulie?
Viele Eltern sind verunsichert und teilweise ratlos, wenn ihr Kind in Mathematik dauerhaft hinterherhinkt. Oft wird zunächst Nachhilfe ausprobiert, ohne dabei an eine mögliche Rechenstörung zu denken. Eine frühe Diagnostik ist jedoch immens wichtig, um dem Kind zeitnah gezielte Unterstützung zu ermöglichen, und etwaige negativen Erfahrungen in der Schule zu vermeiden.
Folgende Fachpersonen können eine Dyskalkulie diagnostizieren:
- Kinder- und Jugendpsychiater*innen.
- Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen.
Die Diagnostik einer Dyskalkulie im Überblick:
- Elterngespräch: Hierbei wird die Entwicklung des Kindes besprochen, um frühere Auffälligkeiten zu berücksichtigen.
- Intelligenztest: Dieser soll sicherstellen, dass keine allgemeine kognitive Beeinträchtigung vorliegt.
- Rechentest: Hier wird gezielt das mathematische Verständnis des Kindes untersucht.
Wichtig: In vielen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, einen kostenlosen Dyskalkulie-Test über das Landesschulamt zu beantragen. Lehrkräfte können Eltern gezielt auf diese Möglichkeit hinweisen.
Wie laufen Förderung und Therapie ab?
Dyskalkulie ist eine angeborene Lernschwäche und leider nicht heilbar. Daher ist es umso wichtiger, frühzeitig mit einer individuellen Förderung zu beginnen. Bleibt sie unbehandelt, steigt das Risiko für Begleiterkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen.
Eine Lerntherapie besteht meist aus zwei Komponenten:
- Vermittlung von Lernstrategien: Kinder lernen, mathematische Inhalte auf alternative Weise zu verstehen.
- Unterstützung der emotionalen Stabilität: Der Aufbau von Selbstvertrauen und der Abbau von Ängsten sind entscheidend.
Zu beachten gilt: Da „Dyskalkulie-Therapeutin“ kein geschützter Beruf ist, sollten Eltern auf Qualifikationen achten. Kontaktieren Sie uns und wir helfen Ihnen bei Fragen zu diesem Thema gerne weiter.
Dyskalkulie und schulischer Nachteilsausgleich
Nachteilsausgleiche sind im deutschen Sozialrecht verankert und sollen Kindern mit Lernbeeinträchtigungen helfen. Während es für Legasthenie bereits klare Regelungen gibt, ist dies bei Dyskalkulie nicht einheitlich geregelt.
Einige Bundesländer bieten dennoch Maßnahmen an, darunter:
- Eine um bis zu 25 % verlängerte Bearbeitungszeit bei Klassenarbeiten.
- Erlaubte Nutzung von Hilfsmitteln, wie z. B. Taschenrechner.
- Die Möglichkeit, eine Benotung in Mathematik bis zu einer bestimmten Klasse auszusetzen.
Lehrkräfte, die noch keine Erfahrung mit betroffenen Schülern hatten, sollten sich über die Regelungen in ihrem Bundesland informieren und gegebenenfalls mit der Schulleitung sprechen, um das Kind zu unterstützen.
Auch bei Dyskalkulie im Erwachsenenalter ist Hilfe möglich
Viele Betroffene entwickeln über die Jahre hinweg Strategien, um ihre Rechenschwäche zu verbergen. Dies kann dazu führen, dass die Dyskalkulie erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird.
Eine späte Diagnose kann jedoch helfen, den bisherigen schulischen Werdegang besser zu verstehen und gezielte Hilfestellungen für den Alltag zu erhalten. Besonders im Berufsleben kann es von Vorteil sein, wenn Betroffene wissen, wie sie mit ihrer Rechenschwäche umgehen können.
Frühzeitige Unterstützung ist bei Dyskalkulie entscheidend
Je eher Dyskalkulie erkannt wird, desto besser können Kinder gezielt gefördert werden. Eltern und Lehrkräfte spielen dabei eine zentrale Rolle. Falls ein Verdacht besteht, sollte das Gespräch mit den Eltern und der Schulleitung gesucht werden, um das weitere Vorgehen zu besprechen und die bestmögliche Unterstützung für das Kind sicherzustellen.
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