Wie wird man Lerntherapeut?

Häufig kommt bei Pädagogen, die sich weiterentwickeln wollen, die Frage auf: „Wie wird man Lerntherapeut?“ Denn der Lerntherapeut ist kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf wie beispielsweise der des Ergo-, Physio- oder Psychotherapeuten. Vielmehr handelt es sich um eine Tätigkeitsbezeichnung, die durch eine spezifische Weiterbildung erlangt wird. Eine solche Weiterbildung, wie etwa die Ausbildung „Integrative Lerntherapie in Theorie und Praxis“, qualifiziert dazu, Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten gezielt zu fördern.
Viele Lerntherapeuten verfügen bereits über eine pädagogische, psychologische oder therapeutische Grundqualifikation, sei es durch ein Hochschulstudium oder eine staatlich anerkannte Ausbildung. Ergänzend dazu absolvieren sie eine Zusatzausbildung in Lerntherapie. Es gibt jedoch auch Quereinsteiger, die nach entsprechender Fortbildung erfolgreich als Lerntherapeuten arbeiten. Entscheidend ist dabei, dass die notwendigen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind und eine kontinuierliche fachliche Weiterentwicklung erfolgt.
Voraussetzungen, die für eine Tätigkeit als Lerntherapeut notwendig sind
Wer Kinder oder Jugendliche mit Lernproblemen wie Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenschwäche oder anderen Lernbeeinträchtigungen unterstützen möchte, benötigt neben fundiertem Fachwissen vor allem Geduld, Kreativität und Flexibilität. Ein positiver Blick auf die Stärken des Kindes sowie das Vertrauen in seine Fähigkeiten sind essenziell, um eine förderliche therapeutische Beziehung aufzubauen. Diese Aspekte beeinflussen nicht nur die Motivation des Kindes, sondern auch dessen langfristige Lernerfolge.
Rechtlich gesehen gibt es in Deutschland keine Zugangsbeschränkungen für den Beruf des Lerntherapeuten. Theoretisch kann jeder diese Tätigkeit ausüben. Allerdings sind in der Praxis nur diejenigen erfolgreich, die über eine fundierte Ausbildung sowie über pädagogische und therapeutische Kompetenzen verfügen.
Gründe für eine lerntherapeutische Weiterbildung
Die Entscheidung für eine Weiterbildung in Lerntherapie basiert häufig auf bereits vorhandener Berufserfahrung im pädagogischen, therapeutischen oder psychosozialen Bereich. Besonders Lehrkräfte, Sozialpädagogen, Psychologen und Ergotherapeuten interessieren sich für diese Weiterbildung, da sie im beruflichen Alltag immer wieder mit Kindern arbeiten, die grundlegende Fähigkeiten im Lesen, Schreiben oder Rechnen nicht ausreichend entwickelt haben.
Typische Fragen, mit denen sich Lerntherapeuten auseinandersetzen, sind unter anderem:
- Wie kann ein Kind mit Legasthenie Rechtschreibregeln erlernen?
- Welche Unterstützung benötigt ein Kind mit Rechenschwäche?
- Wie lernen Kinder mit ADHS am besten?
Da diese Themen im regulären Studium oft nur oberflächlich behandelt werden, bieten lerntherapeutische Fortbildungen eine wertvolle Vertiefung. Neben dem Erwerb fachlicher Kompetenzen eröffnen sich durch eine solche Weiterbildung zudem neue berufliche Möglichkeiten sowie potenziell bessere Verdienstchancen.
Aus- und Weiterbildungen für Lerntherapeuten
Das Angebot an Weiterbildungen im Bereich der Lerntherapie ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Da es keine staatlichen Vorgaben zu den Inhalten und der Dauer einer solchen Ausbildung gibt, unterscheiden sich die Programme der Anbieter teils erheblich. Deshalb ist es für angehende Lerntherapeuten wichtig, auf folgende Qualitätskriterien zu achten:
- Breite thematische Abdeckung: Eine qualifizierte Ausbildung sollte zumindest die Bereiche Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenschwäche und ADHS umfassen.
- Zusätzliche Themenbereiche: Aspekte wie Wahrnehmungsförderung, Bewegung, Entspannung, Hochbegabung oder Prüfungsangst können die spätere Arbeit bereichern.
- Praxisorientierung: Theorie allein reicht nicht aus – die Möglichkeit zur praktischen Anwendung des Gelernten ist entscheidend.
- Anerkennung und Zertifizierung: Die Ausbildung sollte von einer seriösen, zertifizierten Institution angeboten werden.
Erfahrung als wichtiger Faktor
Neben der theoretischen Ausbildung ist auch die praktische Erfahrung von großer Bedeutung. Lerntherapeuten sollten frühzeitig die Möglichkeit nutzen, in der Praxis zu arbeiten, um Lernauffälligkeiten zu erkennen und geeignete Förderstrategien zu entwickeln.
Für Einsteiger kann es sinnvoll sein, zunächst mit leichten Lernschwierigkeiten zu arbeiten – beispielsweise durch Nachhilfeunterricht in Mathematik oder Deutsch oder durch Leseförderprogramme. Viele erfahrene Lerntherapeuten haben ihren Berufseinstieg genau auf diesem Weg gefunden und sich durch die Arbeit mit einzelnen Kindern zunehmend spezialisiert.
Angestellt oder selbstständig: Lerntherapeuten haben die Wahl
Lerntherapeuten können ihre Tätigkeit sowohl angestellt als auch selbstständig ausüben. Gesetzliche Vorgaben für eine eigene lerntherapeutische Praxis gibt es nicht. Somit kann eine Praxis gegründet oder die Therapie in Form von Hausbesuchen angeboten werden. Alternativ ist eine Tätigkeit auf Angestellten- oder Honorarbasis möglich, beispielsweise für:
- Lerntherapeutische Einrichtungen
- Schulbegleitungs- oder Ergotherapiepraxen
- Nachhilfeschulen
Die Honorarsätze variieren stark und hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Der Qualifikation des Therapeuten
- Der Region und den lokalen Marktbedingungen
- Der Frage, ob direkt mit Eltern oder über eine Institution abgerechnet wird
Berufliche Perspektiven für Lerntherapeuten
Die Lerntherapie ist eine noch relativ junge Disziplin, die sich erst in den letzten 25 Jahren etabliert hat. Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften ist hoch, da viele Kinder und Jugendliche Unterstützung beim Lernen benötigen. Selbst in Regionen, in denen bereits Angebote bestehen, haben gut ausgebildete Lerntherapeuten in der Regel gute Chancen auf eine erfolgreiche berufliche Laufbahn. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist die Zufriedenheit der Kinder und ihrer Eltern. Wenn sich Lernfortschritte zeigen, wird die Therapie als wertvolle Investition betrachtet. Viele Lerntherapeuten profitieren daher von positiver Mundpropaganda und können sich nach einer gewissen Zeit ganz auf ihre therapeutische Arbeit konzentrieren.
Spezialisierungen in der Lerntherapie
Lerntherapeuten haben die Möglichkeit, sich auf bestimmte Störungsbilder oder Therapiemethoden zu spezialisieren. Häufige Spezialisierungen sind:
- Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)
- Rechenschwäche (Dyskalkulie)
- Lerntherapie in Verbindung mit Ergotherapie (z. B. durch Integration sensorischer Übungen)
Die Wahl der Spezialisierung hängt oft von der Grundausbildung des Therapeuten ab. Ergotherapeuten beispielsweise können ihre lerntherapeutischen Kenntnisse mit sensorischen Methoden verknüpfen. Eine breit angelegte integrative Lerntherapie bietet hier besonders viele Möglichkeiten.
Diagnostik durch Lerntherapeuten
Lerntherapeuten dürfen keine medizinischen Diagnosen stellen, da sie keine Approbation oder Heilpraktikererlaubnis besitzen. Sie sind jedoch befähigt, eine pädagogische Förderdiagnostik durchzuführen. Dabei geht es darum:
- Den Lernstand des Kindes zu erfassen
- Stärken und Schwächen zu identifizieren
- Geeignete Fördermaßnahmen abzuleiten
Medizinische oder psychische Ursachen für Lernprobleme sollten immer von einem Arzt oder Psychotherapeuten abgeklärt werden. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachkräften ist in diesem Bereich besonders wertvoll, um eine bestmögliche Förderung des Kindes zu gewährleisten.
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